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Von Systemen und menschlichen Ressourcen - ein Plädoyer gegen HR als Begriff

Die Bezeichnung Human Resources trägt immer einen negativen Beigeschmack. Ja, menschliche Ressourcen sind die wichtigstes und wertvollsten, die ein Unternehmen zu bieten hat. Die Ressourcen sind sehr knapp und müssen deshalb besonders achtsam behandelt werden. Das Problem der Bezeichnung ist, dass das Wort Ressource vom Inhalt Mensch ablenkt. Ressourcen sind im Allgemeinen austauschbar, doch die Menschen, die in unseren Unternehmen arbeiten, nicht. Wenn ein Wissensträger das Unternehmen verlässt, ist es ein großer Verlust. Es verlässt uns ein Charakter, der Beziehungen aufgebaut hat, der sich bestimmte Expertise angeeignet hat, der gewisse Verhaltensweisen an den Tag gelegt hat, und damit tagtäglich das System Unternehmen auf seine Art und Weise beeinflusst hat. Wenn eine Stelle frei wird, können wir diese natürlich nachbesetzen. Jedoch wird die neue Person sich in der gleichen Umgebung mit den gleichen Aufgaben anders verhalten, andere Schwerpunkte in der Arbeit setzen und mit einer anderen Wahrnehmung der Gegebenheiten im Unternehmen ihre oder seine Arbeit angehen.


Ein System hat die Eigenschaft, Gleichgewicht herzustellen. Im System Team, Arbeit, Organisation zeigt sich das daran, dass jede Person als Teil des System auf der Suche nach ihrem oder seinem Platz ist. Welche Rollen und Aufgaben kann ich übernehmen, welche Rollen und Aufgaben übernehmen andere? Wie will ich mich positionieren, um einen Wert und Beitrag zu leisten? Was kann ich anderen geben und was nehme ich von anderen? Wenn man neu in ein Unternehmen kommt, dann versucht ein jeder bewusst oder unbewusst diese Fragen für sich zu beantworten und sich zu positionieren und die Lücke oder auch Nische zu finden, die man füllen kann oder auch soll. Das ist völlig unabhängig davon, ob man die Job- und Rollenbeschreibung des Vorgängers übernimmt.

Solange man seine ganz individuelle Rolle nicht gefunden hat, wird sich das System im Ungleichgewicht befinden und weiter nach Gleichgewicht streben. Auch das Umfeld wird sich sich so verhalten, dass ein Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Die Führungskraft führt Gespräche über Rollen und Verantwortlichkeiten, Personen werden einander vorgestellt und Ziele vereinbart. Kollegen machen der oder dem Neuen klar, was ihre Aufgaben sind und was sie voneinander erwarten können. Wenn das System an der Stelle der neuen Kollegin / des neuen Kollegen über einen längeren Zeitraum nicht wieder ins Gleichgewicht kommt, dann gibt es Störungen, die häufig darin resultieren, dass die Person das Unternehmen wieder verlässt. "Sie hat sich einfach nicht in ihre Aufgaben reingefunden", "Er hat sich die Arbeit anders vorgestellt", "Sie passte einfach nicht in unsere Unternehmenskultur, sie war anderes gewohnt", "Die Komplexität der Aufgaben hat ihn überfordert" - das sind häufige Sätze, wenn Mitarbeiter nach kurzer Zeit das Unternehmen wieder verlassen. Es mag verschiedene Gründe geben, doch eines ist gemeinsam - die Person hat keinen Platz im System gefunden. Die Ressource konnte nicht einfach ausgetauscht werden. Auch wenn die Person fachlich die besten Voraussetzungen für die Stelle hatte, gab es keinen persönlichen Fit im System.


Systeme, die sich frisch ins Gleichgewicht gebracht haben, arbeiten am effizientesten. Jeder weiß genau, was eigentlich seine Aufgabe und Mission ist, was sie oder er von anderen erwarten kann und wie gemeinsam das Bestmögliche geschaffen werden kann. Doch diese Positionierungen eines jeden Einzelnen müssen regelmäßig geprüft werden. Ist jeder noch unterwegs in Richtung eines gemeinsamen Zieles? Gibt es vielleicht Personen, die sich zu sehr auf ihre eigene Rolle konzentrieren, z.T. festgefahren sind, und den Blick nach Außen auf ihre Umwelt/ den Rest des Systems verloren haben? Genau deshalb ist es auch wichtig, das System immer wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen, um die individuellen Arbeiten und Verhaltensweisen aber auch das große Ganze zu hinterfragen und ggf. anzupassen. Ein System im Gleichgewicht ist zu sehr auf sich selbst konzentriert und macht es sich immer mehr auf seiner Komfortcouch gemütlich. Nicht nur neue Mitarbeiter bringen das Systemgleichgewicht ins schwanken. Jegliche Arten von Veränderungen (innere und äußere) sind Störungen im System. Störungen sind gut. Nur durch Störungen können wir neue Perspektiven einnehmen, Vorhandenes hinterfragen und uns weiterentwickeln. Wir sind eben keine Ressourcen, die mechanisch eingesetzt werden und kontinuierlich die beste Leistung vollbringen. Wir sind Menschen, die denken, fühlen und handeln, und die sich gegenseitig beeinflussen.


Menschen sind keine austauschbaren Ressourcen, weil jeder Mensch einen unterschiedlichen Einfluss auf das System hat. Als Ressource bezeichnet zu werden stärkt zudem nicht gerade das Gefühl von Wertschätzung. Warum das Wort Resource im Zusammenhang mit Humans nicht einfach aus unserem Wortschatz verbannen. Human Management oder People Management klingt einfach netter.

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